Informationen für natürliche Personen in Insolvenz
Ein Insolvenzverfahren soll einen Start in ein „neues Leben“ ermöglichen. Ob dies gelingt, ist auch davon abhängig, ob der betroffene Insolvenzschuldner oder die Insolvenzschuldnerin ihre gesetzlichen Mitwirkungspflichten erfüllt und das ihrerseits Notwendige dazu beitragen.
Bei einer Verletzung der insolvenzspezifischen Mitwirkungspflichten, kann das Insolvenzgericht z. B. eine gewährte Stundung aufheben mit der möglichen Folge, dass das Verfahren eingestellt wird und sämtlich Schulden weiter bestehen.
Die wichtigsten Pflichten möchte ich für Sie hier kurz darstellen:
- Leisten Sie bitte ab Insolvenzeröffnung keine Geldzahlungen mehr an die im Antrag gelisteten Gläubiger! Zahlungen an Insolvenzgläubiger sind nach Eröffnung unzulässig und können die Versagung der Restschuldbefreiung nach sich ziehen.
- Monatliche Miete: Sollten Sie für diese nicht aufkommen, so ist der Vermieter nach Insolvenzeröffnung und dementsprechendem Zahlungsrückstand zur (außerordentlichen) Kündigung berechtigt. Eine Beendigung des Mietverhältnisses können Sie bei pünktlichen monatlichen Zahlungen demnach vermeiden. Die Insolvenzeröffnung alleine berechtigt den Vermieter nicht zur Kündigung. Bis zur Insolvenzeröffnung offene Mietzinszahlungen sind vom Insolvenzverfahren umfasst. Der Insolvenzverwalter ist aus Haftungsgründen verpflichtet, Ihren Vermieter über die laufende Insolvenz zu informieren und ihm mitzuteilen, dass er in das Mietverhältnis des Insolvenzschuldners nicht eintritt und damit auch nicht für die Mietzinszahlungen hinsichtlich der Wohnung des Schuldners in Anspruch genommen werden kann. Grund zur Beunruhigung besteht jedoch nicht, da das Mietverhältnis unverändert fortdauert und ein Kündigungsgrund des Vermieters erst besteht, wenn Sie mit mehr als zwei Monatsmieten im Rückstand sind. Sollten Sie Schwierigkeiten mit Ihrem Vermieter bekommen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.
- Strom, Gas, Telefon: Nach Insolvenzeröffnung wird der Insolvenzverwalter i.d.R. einen sog. Nichteintritt in die bestehenden Dauerschuldverhältnisse erklären (§ 103 InsO). Sofern Sie die Leistungen dieser Unternehmen weiterhin in Anspruch nehmen wollen, müssen Sie die entsprechenden Gegenleistungen aus Ihrem unpfändbaren Einkommen pünktlich bezahlen. Ansonsten werden diese Verträge nicht mehr weitergeführt.
- Versicherungen: Notwendige Versicherungen (Haftpflichtversicherungen etc.) sollten Sie – sofern erforderlich – ebenso nach Insolvenzeröffnung fortführen. In der Regel bereitet dies keine Probleme, solange Sie auch zukünftig die monatlichen Zahlungen leisten. Wichtig: Teilen Sie Ihrer Insolvenzverwalterin bitte sämtliche bestehende Vertragsverhältnisse mit. Bei Unsicherheiten setzen Sie sich bitte jederzeit mit Ihrem Insolvenzverwalter in Verbindung.
- Das Girokonto kann seitens der zuständigen Bank aufgrund der Insolvenzeröffnung zunächst „gesperrt“ werden. In der Regel wird jedoch das Girokonto nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der erfolgten Prüfung der Vermögensverhältnisses freigegeben mit der Folge, dass Sie wieder verfügungsbefugt sind und den Zahlungsverkehr über das Bankkonto abwickeln können. Wenden Sie sich bei etwaigen Schwierigkeiten hinsichtlich der Kontofreigabe an Ihren Insolvenzverwalter.
- Bitte legen Sie der Insolvenzverwalterin monatlich unaufgefordert Ihre Lohnabrechnungen/ Arbeitslosengeldbescheinigungen etc. vor. Auch dies ist eine insolvenzspezifische Pflicht (§ 97 InsO), welche entsprechend sanktioniert werden kann. Dies deshalb, weil möglicherweise pfändbare Einkommensteile zu berechnen und an die Insolvenzmasse abzuführen sind. Die Berechnung und Abführung des pfändbaren Einkommensteils übernimmt in der Regel der Arbeitgeber. Ihr Arbeitgeber wird von der Insolvenzverwalterin informiert.
- Sofern Sie (bar-)unterhaltspflichtig für Familienmitglieder sind, ist der Unterhalt während des Verfahrens weiter zu bezahlen. Sollten Sie zur Bezahlung nicht in der Lage sein bzw. Unterhaltsleistungen nicht erbringen, sind dies neue Forderungen (Neuverbindlichkeiten) und können auch während des Verfahrens gegen Sie geltend gemacht werden. Insofern existiert kein Vollstreckungsschutz, die Pfändung Ihrer Einkünfte bis zur Grenze des sozialrechtlichen Grundbedarfs durch den Unterhaltsgläubiger ist möglich.
- Einen Wohnsitzwechsel oder Arbeitsplatzwechsel haben Sie der Insolvenzverwalterin und dem Insolvenzgericht unverzüglich und ohne Aufforderung anzuzeigen.
- Sämtliche Vermögenszuwächse (Schenkungen etc.) gehören zur Insolvenzmasse und sind ebenso unaufgefordert anzugeben. Größtenteils können Ihnen diese aber nicht genommen werden. Bei Unterlassen kann jedoch ohne weiteres ein Versagungsantrag gestellt werden.
- Es ist dringend anzuraten, im laufenden Verfahren keine weiteren Schulden mehr zu machen.
- Herausgabe einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses: Vermögen, das vom Schuldner während der Wohlverhaltensperiode infolge einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses erworben wird, ist zur Hälfte des Wertes den Gläubigern zur Verfügung zu stellen.
- Gleichbehandlungspflicht: Der Schuldner darf Zahlungen nur an den Insolvenzverwalter leisten, ebenso darf keinem Insolvenzgläubiger ein Vorteil verschafft werden.
- Wer erfährt von der Insolvenz? Das Insolvenzverfahren ist ein in weiten Teilen öffentliches Verfahren. Der Eröffnungsbeschluss, der den Namen des Schuldners, sein Geburtsdatum und seine Wohnung enthält, wird zwingend vom Insolvenzgericht im Internet (www.insolvenzbekanntmachungen.de) veröffentlicht, ebenso die Bestimmung des Schlusstermins und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
- „Schufa“? Die Daten werden regelmäßig von privaten Wirtschaftsauskunftsdateien („Schufa“) gespeichert. Sie müssen gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG erst nach Ablauf von 3 Jahren nach Ende des Jahres der Speicherung gelöscht werden
- Wer trägt die Kosten des Verfahrens? Zu den Verfahrenskosten: Die Durchführung des Insolvenzverfahrens, durch welches Sie am Ende der Wohlverhaltensperiode schuldenfrei sind, ist keineswegs kostenlos. Vielmehr entstehen Kosten, welche sich überschlägig wie folgt zusammensetzen: Gerichtskoten, Vergütung des Insolvenzverwalters, Auslagen für Zustellungen und Veröffentlichungen. Der Gesamtbetrag dieser Posten beträgt ca. 1.500,00 €. Die Regelung des § 4a der Insolvenzordnung besagt, dass Ihnen diese Kosten für das Insolvenzverfahren gestundet werden können. Dies ist vergleichbar mit einem zinslosen Darlehen eines Dritten. Damit Sie zügig entschuldet werden und den Vollstreckungsschutz erhalten, geht der Staat quasi in „Vorleistung“ und finanziert Ihnen so das Verfahren vor. Der Insolvenzverwalter und die Gerichtskasse erhalten von der Staatskasse einen Vorschuss, damit das Verfahren – für Sie und in Ihrem Sinne – überhaupt abgewickelt werden kann. Sofern Sie derzeit erwerbslos sind bzw. Einkünfte unterhalb der Pfändungsfreigrenze beziehen und Ihnen Stundung gewährt wurde, sind Sie zunächst nicht sofort verpflichtet, die Gerichtskosten an die Staatskasse zu entrichten
- Angemessene Erwerbstätigkeit: Der Schuldner hat seine Arbeitskraft vollumfänglich einzusetzen! Die Restschuldbefreiung kann einem keine Arbeit findenden Schuldner nicht versagt werden. Trotzdem hat der Schuldner sich nach besten Kräften um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen:
- Alleinstehender Schuldner muss eine Beschäftigung von wöchentlich 35 bis 40 Stunden aufnehmen
- Sollten minderjährige Kinder im Haushalt wohnen, so kann dem Schuldner ab dem 8. Lebensjahr die Aufnahme einer Halbtagstätigkeit durchaus zugemutet werden.
- Dem Schuldner darf nicht nachgewiesen werden können, dass er keine besser bezahlte Tätigkeit aufnehmen kann.
- Eigeninitiative ist erforderlich. Alleine die Arbeitslosmeldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit reicht nicht aus. Anhand von konkreten Beispielen ist die Bewerbungstätigkeit nachzuweisen (Bewerbungsschreiben, Informationen über Stellenangebote im Internet etc.). Ich empfehle, sämtliche Bewerbungsschreiben auf dem PC zu sichern oder in Kopie aufzubewahren.
- Der Schuldner muss auch eine Ortswechsel unter Umständen in Kauf nehmen, auch eine andere und notfalls Aushilfs- und Gelegenheitstätigkeit
- Der Verlust des Arbeitsplatzes kann als Obliegenheitsverletzung zu sehen sein, wenn der Schuldner die Kündigung selbst zu verantworten hat (z.B. bei Eigenkündigung).